Die unterschiedlichen Verfahren einer Psychotherapie
1999 trat das Psychotherapeuten-Gesetz in Kraft, das die Rahmenbedingungen für die Ausübung der Psychotherapie neu geordnet hat. Es wurde die neue geschützte Berufsbezeichnung des "Psychologischen Psychotherapeuten" eingeführt, die gleichberechtigt neben die bereits vorher eingeführte geschützte Berufsbezeichnung des "Facharztes für Psychotherapeutische Medizin" tritt. Beide Gruppen bilden die vom Gesetz anerkannten Psychotherapeuten.
In Deutschland entscheidet seit 1999 der "Wissenschaftliche Beirat Psychotherapie" der Bundesärztekammer anhand wissenschaftlicher Kriterien, ob ein therapeutisches Verfahren anerkannt wird. Nur die wissenschaftlich anerkannten Psychotherapie-Verfahren werden von den gesetzlichen Krankenkassen finanziert.
Welche anerkannten Psychotherapieverfahren gibt es ?
Als wissenschaftlich anerkannt gelten zwei Hauptverfahren der Psychotherapie:
-
Verhaltenstherapie und
-
psychodynamische Therapie
Die psychodynamische Therapie gliedert sich wiederum in:
-
Psychoanalyse und
-
tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie
Verhaltenstherapie
Kennzeichnend für die Verhaltenstherapie, die auch als kognitiv-behaviorale
Therapie bezeichnet wird, ist das lösungsorientierte, störungszentrierte
Vorgehen. Es werden die jeweiligen Probleme oder Symptome als Ausgangspunkt
gewählt, um möglichst direkt zu den erwünschten Therapiezielen
zu gelangen.
Der Therapeut unterstützt den Patienten dabei, die auf diesem Weg auftretenden
Schwierigkeiten zu überwinden und sich aktiv mit seinen Schwierigkeiten
auseinanderzusetzen. Verhaltenstherapie beschränkt sich nicht nur auf
die Veränderung von Verhalten, sondern schließt auch die Veränderung
problematischer Denkmuster mit ein, womit auch die emotionale Befindlichkeit
stabilisiert wird.
Verhaltenstherapie wird als Kurzzeittherapie mit 25 Stunden, als Langzeittherapie mit 45 bis max. 80 Stunden (Ausnahme!) von der Kasse finanziert. In der Regel findet die Therapie im Gegenübersitzen mit einer Therapiesitzung pro Woche statt. Je nach Störungsbild können auch - nach entsprechender Vorbereitung - mehrere Therapiestunden hintereinander an Orten oder in Situationen, in denen die Symptomatik besonders schwerwiegend ist, durchgeführt werden (z.B. bei manchen Angststörungen oder bei Zwängen).
Psychodynamische Therapien
Kennzeichnend für die psychodynamischen Psychotherapieverfahren (Psychoanalyse
und tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie) ist das klärungsorientierte,
motivationszentrierte Vorgehen. Es werden nicht die Probleme und Symptome
als Ausgangspunkt gewählt, sondern der Schwerpunkt der Therapie besteht
in der Untersuchung und Aufdeckung des Hintergrundes der Probleme. Es werden
also die tieferen seelischen Ursachen und Konflikte, die zu den Problemen
und Symptomen geführt haben eruiert.
Durch die Aufdeckung dieser Ursachen verändert sich das Bild, welches
ein Mensch von sich selbst hat und seine Einstellung zu sich selbst und
zu anderen. Durch die Veränderung der inneren Einstellungen verändert
sich ebenfalls das problematische Verhalten und die Symptomatik.
Psychoanalyse
Das klärungsorientierte,
motivationszentrierte Vorgehen bildet in der Psychoanalyse den Schwerpunkt.
Durch eine höhere wöchentliche Stundenzahl (2-3) und eine längere
Therapiedauer entsteht die Möglichkeit für einen Patienten, sich
einem Therapeuten auf eine sehr umfassende Weise anzuvertrauen. Dadurch
entsteht eine intensivere therapeutische Beziehung als in anderen Therapieverfahren,
so daß es möglich wird, sehr grundlegende Aspekte der eigenen
Persönlichkeit emotional neu zu erleben und in einem längeren
Prozeß zu verändern.
Mit der Veränderung der Persönlichkeit verändert sich ebenfalls
das problematische Verhalten und die jeweilige Symptomatik. Psychoanalyse
wird in der Regel bis zu 240, maximal 300 Stunden von den Krankenkassen
bezahlt. Sie wird wiederum in zwei Formen durchgeführt, die sich nach
den Möglichkeiten und Problemen eines Patienten richten: Entweder als
analytische Psychotherapie (Psychoanalyse im Standardverfahren) im Liegen
mit 3-4 Therapiestunden wöchentlich oder als modifizierte analytische
Psychotherapie (modifizierte Psychoanalyse) mit 2 Wochenstunden im Gegenübersitzen.
Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie
Es handelt sich um ein modifiziertes, kürzeres psychoanalytisches
Therapieverfahren mit einer Konzentration auf zentrale Problembereiche.
Obwohl der Schwerpunkt in der Therapie weiterhin klärungsorientiert
und motivationszentriert bleibt, werden ergänzend auch lösungsorientierte,
problemzentrierte therapeutische Strategien eingesetzt.
Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie wird in der Regel bis zu 80,
maximal 100 Stunden von den Krankenkassen bezahlt. Die Therapie findet in
der Regel im Gegenübersitzen mit einer Wochenstunde statt.
Wissenschaftlich nicht anerkannte Psychotherapieverfahren
Die Formulierung "wissenschaftlich nicht anerkannt" darf nicht mit dem Ausdruck "unwissenschaftlich" gleichgesetzt werden. "Wissenschaftlich nicht anerkannt" kann auch bedeuten, daß ein Psychotherapieverfahren noch nicht so geprüft worden ist, dass wissenschaftlich sinnvolle Aussagen über das Verfahren gemacht werden können. Die Wirksamkeit von Psychotherapie insgesamt, ist wissenschaftlich zweifelsfrei nachgewiesen. Auf der Seite des
Berufsverbandes der Vertrags-Psychotherapeuten finden Sie eine kurze Zusammenstellung von Untersuchungen zur Wirksamkeit von Psychotherapie.